Hochsensibel, krank und trotzdem glücklich – Wie es dazu kam, dass ich mich über meine MS Diagnose freute
Du willst wissen, wie du deine Gesundheit von Körper, Geist und Seele wirklich verbessern kannst, wenn du hochsensibel und krank bist? Dann ist dieser Artikel für dich!
Ich zeige dir, dass Krankheiten auch Gutes in Gang setzen können und wie ich persönlich mit ihnen umgegangen bin, so dass es mir heute viel besser geht.
Inhaltsverzeichnis
- So jung und schon so krank – mein persönlicher Horrortrip.
- Warum ich diese Geschichte mit dir teile
- Verlass dich nicht auf ein krankes System, sonst bist du verlassen
- Hol dir die Kontrolle über dein Leben zurück. Es ist zu kurz um ständig krank und unglücklich zu sein.
- Wenn du ständig oder heftig krank bist, wird es Zeit, dich endlich als das zu akzeptieren, was du sowieso bist: hochsensibel und gerade deshalb gut!
- Krankheit kann dir zeigen, wo du deine Einstellungen und dein Leben mehr deinen Bedürfnissen anpassen darfst, um hochsensibel glücklich zu sein
- 6 Tipps zum Umgang mit Krankheiten als hochsensibler Mensch:
So jung und schon so krank – mein persönlicher Horrortrip.
Januar im Jahr 2012. Ich lag auf der neurologischen Station. Krank und ratlos.
Mein Herz schlug schnell und unregelmäßig. Pochend spürte ich es in meinem Hals. Gleich würde die Ärztin mit Gefolge herein kommen. Ich würde endlich wissen, was mit mir los ist. Jeden Moment müsste es so weit sein.
Meine Zimmernachbarin lag lethargisch in ihrem Bett. Ihr Rollstuhl stand neben dem Fußende. Sie war noch keine 40 aber schon ein schwerer Pflegefall.
Als ich vorhin ein paar Schritte auf dem Flur laufen war, kippte dort ein Mann auf den Hinterkopf. Einfach so. Aus dem nichts.
Stimmen auf dem Flur….
Ich hatte das Gefühl, seit Wochen – nein Jahren! – auf einem Horrortrip zu sein.
Mein ganzes Leben drehte sich darum, dass ich ständig krank war. Und zwar von Jahr zu Jahr schlimmer. Chronische Schmerzen im ganzen Körper und chronische Migräne hatten mein Leben fest im Griff.
Schon wieder musste ich aus meinem gewohnten Leben aussteigen und einen Entzug durchmachen. Einen Entzug von legalen Drogen: Schmerzmitteln. Ohne sie konnte ich damals nicht existieren.
Diesmal stationär. Ich kannte das alles schon, nur dass ich es sonst ambulant durchgezogen hatte. Zwei Wochen sollte das dauern.
Bei einem Routine MRT sagt die Ärztin mir dann unbeteiligt, es gäbe komische Schatten in der Aufnahme meines Kopfes. Die Auflösung sei nicht hoch genug, um zu erkennen, was es sei. Vermutlich sei es ein Tumor, vielleicht aber auch nicht. Ich müsse in ein besseres MRT Gerät und einige Untersuchungen über mich ergehen lassen, um das abzuklären.
Ich sollte also wieder ins Krankenhaus, diesmal in ein anderes. Die Aufnahme war erst in zwei Wochen möglich.
In zwei Wochen!!
Zwei Wochen, in denen ich buchstäblich neben mir stand. Der Schock saß. Ich sah mir zu, wie ich lebte, ohne im Körper zu sein. Der Boden unter meinen Füßen fühlte sich wie Watte an und ich spürte Blicke und Stimmen nur verzögert, als müssten sie durch einen dichten Nebel zu mir durchdringen. Ich hatte Zeit, über mein Leben nachzudenken. Viel Zeit. Zu dem Zeitpunkt war mir zwar schon klar, dass ich hochsensibel war, aber ich kämpfte massiv dagegen an. Arbeitete gnadenlos gegen mich.
Wie in Trance wartete ich auf den Termin und Klarheit.
So ging ich also wieder ins Krankenhaus und wurde auf links gedreht. Untersuchungen von Kopf bis Fuß, von allen Flüssigkeiten, die man so bekommen konnte. Ab in die Röhre hier, Bildchen dort.
Nun saß ich da und wartete auf das Ergebnis. Als die Tür aufschwang und die blonde, ernst schauende Ärztin mit Gefolge herein wehte, machte ich mich auf alles gefasst.
Warum ich diese Geschichte mit dir teile
WTF … wie schlägt sie nun den Bogen dahin, dass sie sich über die Diagnose freute? Ist die verrückt geworden?
Das denkst du wahrscheinlich an diesem Punkt. Ich kann dich beruhigen. Verrückt war ich schon vorher ☺.
Also was bezwecke ich nun mit diesem persönlichen Artikel?
Ich will
a) Aufmerksamkeit auf das Thema des Umgangs mit chronischer Krankheit lenken und
b) mit diesem Artikel allen Menschen Mut machen, die – vielleicht schon in jungen Jahren – heftige Diagnosen erhalten. Oder unter starken Schmerzen leiden. Körperlich oder seelisch. Und zu Guter Letzt will ich
c) ein Zeichen setzen. Ein Zeichen für einen selbstverständlicheren, weniger von Vorurteilen geprägten Umgang der Gesellschaft mit sowohl mit hochsensiblen als auch erkrankten Menschen. Oder eben hochsensiblen erkrankten Menschen.
Ob mir das leicht fällt? Nein!
Angespannt sitze ich vor meinem Laptop und versuche, auf die Taste zu drücken, um diesen Artikel zu veröffentlichen. Ich habe keine Lust auf Mitleid oder „Hast du schon gehört…..“ – Gerede. Und doch weiß ich, dass ich es einfach tun muss.
Krank hat man man unauffällig zu sein, denn krank sein passt nicht in die Spassgesellschaft.
Doch ich habe keine Lust, diese Schattenseiten zu verschweigen, da ich dann besser in das gesellschaftliche Bild der perfekten Durchschnittsfrau passe. Mich gibt es nur in der vollständigen und eigenen Version, und da gehören diese Seiten eben mit dazu.
Und ich will, dass du weisst, dass du nicht alleine bist mit deinen Ängsten und Tiefpunkten.
Kennst du das? Zu denken, du seist die Einzige auf der ganzen Welt, die solche Probleme hat? Die nicht zu 100% glücklich, gesund und erfüllt durch die Gegend spaziert?
Ich kann dich beruhigen. Wie sagte Eckhard von Hirschhausen so schön?
Weil wir von unserem „Scheiß“ 100 Prozent mitbekommen, von dem „Scheiß“, den die anderen im Kopf haben, aber nur 50 Prozent, denken wir: Wir sind doppelt so scheiße wie die! Sind wir aber nicht! Ein simpler Rechenfehler.
Eckhart von Hirschhausen: „Glück kommt selten allein“
Ich will mit diesem Artikel zeigen, dass Krankheiten nicht das Ende eines guten Lebens bedeuten müssen, sondern auch ein Anfang sein können.
Ein Anfang zu einem besseren Leben! Gerade wenn du hochsensibel bist. Ernsthaft! Auch wenn das jetzt wahlweise bescheuert, abgedroschen, frech oder unglaublich klingen mag.
Unsere Gesellschaft geht zumeist recht ungeschickt mit Menschen um, die erkranken. Der Umgang spielt sich irgendwo zwischen Bemitleiden, Totschweigen, Umschiffen oder – noch unangenehmer – Ratschlägen und Besserwissereien ab. Nach dem Motto: „Hättest du mal… dann wärst du jetzt nicht ….“ oder „Wärst du mal zu dem Arzt gegangen, DER hätte dir mit Sicherheit geholfen.“
Dahinter steckt ja selten böser Wille, sondern oft totale Unbeholfenheit, Hilflosigkeit oder eigene Angst. Angst, dass es einen auch erwischen könnte, also sucht man nach etwas, was der andere evt. „falsch“ gemacht haben könnte, dass es ihm nun schlecht geht.
Außerdem bist du als hochsensibler Mensch schon von Anfang an massiver Kritik ausgesetzt. Du warst nie ganz „richtig“, sondern hattest immer das Gefühl, im Abseits zu stehen. Jetzt kommt mit den Krankheiten noch ein Tabu Thema dazu.
Das färbt sich natürlich massiv auf dein Befinden ab.
Dich erschlägt ein Gefühl von Hilflosigkeit. Du fühlst dich nun auch noch zu 100% abhängig von Ärzten und Medikamenten.
Denn so haben wir es gelernt. Selbst tun können wir eigentlich nichts, Hilfe kann nur von außen kommen. Wer glücklich sein will, muss gesund sein. Wer krank ist, ist automatisch unglücklich.
Das ist so verkürzt Bullshit!
Ich habe alles gesehen. Menschen, die gesund und nebenbei auch wohlhabend sind, aber leer und trüb. Nach außen werden Erfolge gekehrt, gelitten wird für sich allein. Ich habe Menschen getroffen, die schwer krank sind, aber unfassbar unbeschwert und unterm Strich glücklich. Und auch sonst alle denkbaren Kombinationen.
Verlass dich nicht auf ein krankes System, sonst bist du verlassen
Statt Gesundheit und Glück zu lehren, wird bei uns Krankheit verwaltet.
Wenn du zum Arzt gehst, sind 70% schon gelaufen. Der Ansatzpunkt wäre eigentlich viel, viel früher gewesen. Denn du hast bereits lange die Hilferufe deiner Seele ignoriert.
Jetzt kannst du sie nicht mehr überhören. Sie sind laut geworden und schreien dich über deinen Körper an. Dann gehst du zum „Richter über dein Leben“. In der Regel hat dieser ca. 5 Minuten Zeit für dich und sowieso begrenzte Möglichkeiten.
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ja, es ist absolut wichtig und richtig, dass du zum Arzt gehst. Und der Arzt macht so gesehen in der Regel auch “alles richtig“ und es gibt ganz wundervolle Menschen darunter. Arschgeigen, die ihren Job verfehlt haben, bestätigen die Regel. Hier soll es auch nicht um Arzt Bashing oder um ein „alles ist doof“ gehen, sondern um eine kritische Auseinandersetzung mit der Realität.
Meist hat der Arzt auch gleich eine Diagnose.
Und seien wir ehrlich, wir wollen sie ja meist auch hören. In manchen Fällen ist eine Bezeichnung für ein Problem ja auch irgendwie entlastend. Aus der Diagnose folgt dann in der Regel ein Rezept für Pille A, B oder C. Und dann leider ein Achselzucken, wenn die Schulmedizin nicht weiter weiß.
Steckt schon eine längere Geschichte dahinter und ist etwas bereits chronisch, ist aber schon viel mehr im Argen als nur deine „Körpermaschine“.
Tabletten* allein werden dich dann aber nicht nachhaltig ins Lot bringen können. Und wenn das eine Problem dank der Tabletten verschwindet, wird sich das nächste zeigen. Von den Nebenwirkungen ganz zu Schweigen. Das ist wie der Kopf der Hydra, der abgeschlagen wird und prompt wächst der nächste nach.
Mit einer Diagnose entsteht auch gleich das nächste Problem.
Du fühlst dich deiner Krankheit sowieso schon ausgeliefert. Wenn sie dann noch einen Namen bekommt, im allerschlimmsten Fall mit einer schlechten Prognose, ist klar, was folgt:
Deine Selbstheilungskräfte fahren auf Null zurück. Du fühlst dich traurig, wütend und das schlimmste: machtlos. Doch das bist du nicht!
Hol dir die Kontrolle über dein Leben zurück. Es ist zu kurz um ständig krank und unglücklich zu sein.
Erwartest du von deinem Automechaniker, dass er bei dir zu Hause auf dein Auto aufpasst und dich von A nach B kutschiert? Er sagt, wo dein Ziel ist und wo du aussteigen sollst?
Wenn nicht, ist es eine Überlegung wert, auch nicht mehr vom Arzt zu erwarten, dass er dich gesund macht.
Ganzheitliche Gesundheit ist in erster Linie dein Business – der Arzt ist dein Dienstleister, aber er kann nicht deinen ureigensten Anteil der Arbeit übernehmen.
Ich selbst habe verzweifelt über 10 Jahre lang von Ärzten und Tabletten erwartet, dass sie mich endlich gesund kriegen. Und das Leid damit vergrößert statt verkleinert. Ich habe mich damit hilflos und abhängig gemacht.
Du hast die Wahl, wie du mit deiner Krankheit oder Diagnose umgehst.
Was, wenn dein Körper dir etwas zu sagen hat, was du einfach noch nicht verstanden hast?
Ich glaube, Symptome sind eine Einladung dazu, anzuschauen, was im Leben gerade schief läuft. Ich glaube auch, dass gerade die Gesundheit von Hochsensiblen ein Gradmesser dafür ist, wie viel in der Gesellschaft und in der ganzen Welt gerade richtig – oder eben schief läuft. Sie sind die ersten, die es überhaupt bemerken und der Körper darauf reagiert. Reagiert auf eine Leistungs- und Konsumgesellschaft, fehlende Toleranz und fehlende Muße. Fehlende echte Menschlichkeit. Fehlendes echtes Essen mit echten Inhaltsstoffen. Fehlenden echten menschlichen Kontakt.
Doch kann dann die Lösung sein, sich mit Symptomen zu quälen und Tabletten zu betäuben?
Leider gibt es einige wenige hoffnungslose Fälle, von denen spreche ich hier nicht. Auch sind viele Menschen genetisch vorbelastet. Was aber ganz und gar nicht durch die Gene vorbestimmt ist: Wie geht dieser Mensch mit sich um? Kann er gut für sich sorgen oder fällt er mangels Hilfsstrategien von einem Stress in den nächsten? Wie geht dieser Mensch mit Krankheit um? Wie mit Schmerzen? Verflucht er seine Existenz und gerät in eine Abwärtsspirale oder kann er sein Leben an den guten Tagen dennoch genießen?
Das alles macht einen massiven Unterschied für die Lebensqualität aus!
Und kommt es nicht vor allem darauf an? WIE wie leben? Ob wir morgens noch gerne aufstehen und einen Sinn darin sehen?
Versteh mich nicht falsch. Ich will dein Leid würdigen, aber dich hiermit ermutigen – egal wie schlecht es dir gerade geht – nicht aufzugeben. Dich nicht weiter herunterziehen zu lassen. Auch die guten Tage zu sehen und nicht nur die schlechten.
Gehen wir noch einmal zurück in meine Vergangenheit
Im Laufe des Studiums fing es an. Es ging mir von Jahr zu Jahr schlechter. Schmerzen krochen aus meinem Kopf in die Schultern in den Bauch und die Beine, bis ich schließlich ein einziger Schmerzkrampf war. Ich hatte immer weniger Freude am Leben und bekam Depressionen. Es prasselte Diagnosen, angefangen von chronischer Migräne, Fibromyalgie, Reizdarm und noch mehr. Ich existierte nur mit Schmerzmitteln aller Couleur. Ohne sie war es undenkbar, zu funktionieren.
Und ich funktionierte gut. Es lief. Äußerlich hatte ich keine Wünsche offen. Nur dass ich trotzdem innerlich leer war und die Schmerzen einfach nicht gehen wollten. Irgendwann galt ich als austherapiert und hatte diverse Prophylaxe und Dauer-Medikamente durch. Sie zeigten auch Wirkung, aber nicht die erwünschte. Im Gegenteil.
Ich litt unter den mannigfaltigen Nebenwirkungen.
Auch hätte mir damals sicher die Information geholfen, dass nicht wenige Tabletten, z.B. Beta-Blocker, die ich in verschiedensten Ausformungen und Dosierungen bereits mit Anfang 20 gegen die Migräne verschrieben bekommen habe, Depressionen fördern können.
Manches massive Problem entstand so erst durch eine ungünstige Kombination aus Tabletten, Anlagen und Lebensumständen.
Nun gipfelte das alles in diesem Horrortrip. Und ich war doch erst 30.
Die Ärztin lehnte sich an das milchige Fenster, durch das die Sonne in meine Augen fiel. Ich musste blinzeln. Sie sah aus wie ein Engel mit ihren blonden Locken in dem Lichtschein. Nur wusste ich nicht, ob die Botschaft zum fürchten war oder nicht. Sie fragte, wie ich mich fühle und ob wir über die Ergebnisse reden könnten. Was für eine Frage. Ich hielt die Luft an.
„Nach allem was wir gesehen haben und untersucht haben sind wir uns nun recht sicher, dass Sie MS haben. Wie geht es ihnen damit?“ Ich traute mich wieder Luft zu holen.
Kein Tumor. Ich war erleichtert. Nur das gute alte MS. Noch eine Diagnose in der Sammlung. Ich war es ja gewohnt, krank zu sein.
Die anderen Diagnosen hätten mir aber eigentlich auch schon gereicht. Die Angst folgte auf dem Fuße. Gleichzeitig hatte ich viele Fragen. Wie sollte es jetzt weitergehen? Musste ich mich auf den Rollstuhl einstellen?
Ich lernte, dass MS die „Krankheit der 1000 Gesichter“ sei und nicht jeder später einen Rollstuhl bräuchte. Manche würden sogar gut mit ihr leben können. Auch dass sie nicht gegen unseren Kinderwunsch spräche (was ich bestätigen kann, ich habe heute einen Sohn). Ich lernte Menschen kennen, die auch MS hatten und trotzdem sehr zufrieden und glücklich waren.
Und schöpfte Hoffnung.
Wenn du ständig oder heftig krank bist, wird es Zeit, dich endlich als das zu akzeptieren, was du sowieso bist: hochsensibel und gerade deshalb gut!
Im Nachgang stellte sich der ganze Horrortrip als Segen für mich heraus.
Doch hättest du mir DAS damals gesagt, ich wäre dir ins Gesicht gesprungen!
Weit über ein Jahrzehnt habe ich selbst nur das Schlechte sehen können. Ich habe verflucht, dass ich so sensibel bin, verflucht, dass ich so viele Schmerzen aushalten musste. Ich war so in meinem Denksystem verhaftet, dass ich gar nicht auf die Idee kam, dass ich mir vielleicht auch unmenschlich viel zumutete.
Dass ich gar nicht darauf kam, dass die Krankheiten eine gesunde Reaktion auf ein für mich krankes System waren.
Dass ich dann mit Krankheit reagiere, wenn ich gegen meine innere Stimme, meine Natur arbeite. Die Krankheit will mich zu etwas bringen, was ich nicht freiwillig umsetze.
Seele zu Körper: Geh du vor, auf mich hört sie ja nicht.
Auszug Zitat von Ulrich Schaffer
So legte der ganze Horrortrip bei mir den Grundstein dafür, dass ich wirklich etwas verändert und angefangen habe, meinen Zustand endlich in meine eigenen Hände zu nehmen. Nicht nur auf Hilfe von außen zu hoffen. Das war der Wake-Up-Call, den es brauchte, dass ich endlich verstanden habe, dass es nur dieses eine Leben, diesen einen Körper für mich gibt und wie wertvoll beides ist. Leben zu dürfen, war für mich erstmal das größte Geschenk. Es fühlte sich wirklich an wie mein zweiter Geburtstag.
Dieses Erlebnis legte den Grundstein, dass ich mich endlich mit allem akzeptiert habe, was ohnehin da ist. Als hochsensibel und vielbegabt.
Bitte versuche die Krankheit so zu interpretieren, dass sie dir nicht schaden, sondern dienen will. Auch wenn sich dir gerade alle Nackenhaare sträuben.
Deine Seele oder dein Körper wollen dir nie etwas schlechtes. Sie sind sehr schlau und handeln IMMER im besten Sinne für dich.
Die schnelle Reizüberflutung und große Empathie sind Faktoren, weshalb Hochsensible schnell und stark gestresst sein können. Je nachdem, welche Voraussetzungen sie mitbekommen haben. Und wie gut sie gelernt haben, mit ihrer Veranlagung umzugehen. Haben sie keine Möglichkeiten oder Werkzeuge, sind sie entsprechend schnell unter massivem Dauerstress – und somit auch schnell und ständig krank. Denn Stress fördert so ziemlich jede Krankheit, für die eine Sollbruchstelle vorhanden ist.
Und trotzdem kann man es immer von zwei Seiten betrachten: Liegt das Problem bei dir oder reagierst du einfach auf eine Welt, die für normalsensitive Menschen designed ist und auch an Vielem krankt?
Ich habe inzwischen für mich gewählt, mich auf die positiven Seiten dieser Veranlagung „Hochsensibilität“ zu fokussieren und nicht mehr bloß auf die negativen Seiten. Denn Sonnenseiten gibt es mindestens genau so viele.
Als sensitiver Mensch nimmst du auch die schönen Seiten des Lebens extrem intensiv wahr, kannst tiefe Gefühle empfinden und – jetzt kommt´s – die besondere Wahrnehmungsfähigkeit auch FÜR dich nutzen (und nicht nur gegen dich). Du kannst tiefgründig und vernetzt denken, bist kreativ und hast einen fantastischen Blick für Details. Um nur ein paar Vorteile zu nennen.
Krankheit kann dir zeigen, wo du deine Einstellungen und dein Leben mehr deinen Bedürfnissen anpassen darfst, um hochsensibel glücklich zu sein
Mir haben die Krankheiten gezeigt, dass ich mein Leben in eine Box pressen wollte, die nicht für mich vorbestimmt war. Und in keiner Weise meinem Wesen entsprach.
In unserer Gesellschaft können wir in der Regel nur dann etwas werden, wenn wir unser Leben lang tief in eine Materie eintauchen und darin immer besser werden. Ok, maximal drei Hobbies sind auch noch anerkannt. Aber was ist, wenn man einfach anders tickt? Wenn man sich brennend für viele Themen interessiert und darin vollkommen aufgeht und Talente hat? Wenn es also keine „Hobbys“ mehr, sondern echte Lebensquellen sind?
Wenn ich lange nur in einem Thema feststecke, bin ich nicht nur irgendwie gelangweilt. Sondern es ist, als wären mir Teile der Identität beraubt worden.
Im englischen gibt es dafür den schönen Begriff „multipassionate“, der es gut wiedergibt. Die deutsche „Vielbegabung“ klingt etwas überheblich, trifft es aber auch. „Scanner“ zu sein geht in eine ähnliche Richtung, klingt aber auch etwas komisch.
Im Laufe des Studiums gab ich ein Interesse nach dem anderen auf. Ich hörte auf zu tanzen, zu malen, zu schreiben, zu dichten, Musik zu machen, über etwas anderes als Jura zu lesen. Ich war im Leistungsgedanken verhaftet, der Druck war hoch.
Ich brachte Bestleistungen aber bestrafte mich, indem ich mir Lebensfreude entzog und mich auf nur „die Karriere“ konzentrierte – was immer das auch sein mag.
Es war nur die logische Folge, dass meine Seele streikte und mir Zeichen gab, die nach und nach immer deutlicher wurden.
Klar hätte ich bevorzugt auf über 15 Jahre von Schmerz und Leid verzichtet. Auf die perverse Normalität immer neuer, eskalierender Diagnosen.
Aber da ich derartig willensstark, harmoniesüchtig, belastbar und leidensfähig war, hat es diese Erfahrungen offensichtlich gebraucht, um etwas bei mir zu verändern. Plötzlich entwickelte ich wieder unbändigen Lebenswillen und Lebendigkeit. Denn von Natur aus liebe ich das Leben und bin ein unglaublich positiver Mensch, der immer irgendeinen Blödsinn im Kopf hat. Das kam nun seit langer Zeit zum ersten Mal wieder zum Vorschein.
So viele Mitmenschen kamen mir fortan wie Roboter vor, die ihr Leben „ableben“ oder leben „müssen“. Und ich habe mich einmal mehr gefragt, ob dies der Sinn des Lebens sein kann.
Obwohl sie meist kerngesund waren und alles hatten. Alles, bis auf Freude und Lebendigkeit. Und wenn doch, dann meist aufgesetzt. Als Maske, als Show.
Ich bin meiner Seele heute wirklich dankbar, dass sie nicht aufgegeben hat, mir zu zeigen, dass ich auf dem Holzweg war.
Dass sie mir die Wahrheit immer und immer wieder vor Augen geführt hat und ich inzwischen nicht mehr das scheinheilige Leben einer anderen führe, sondern meines!
Und das sage ich, obwohl ich inzwischen eine Schwerbehinderung habe (ja, man sieht es nicht – was Fluch und Segen ist). Obwohl ich immer wieder Schwerzen habe. Obwohl ich massig Probleme habe. Obwohl ich richtige mega scheiss Tage habe. Und mich immer wieder neu aufrappele. Ich rege mich heute nicht mehr so darüber auf.
Oder gerade weil. Gerade weil ich so scheiss Tage habe, weiß ich die guten wirklich zu schätzen.
Da ich meine persönliche Hölle bereits durchgemacht habe, weiß ich, ich habe nichts wirklich mehr zu befürchten. Da ich nun weiß, wie ich aus einem Tief wieder herauskommen kann und dass es nicht unendlich lang dauern muss. Da ich mich innerlich frei und stimmig fühle. Da ich einen Sinn in dem Ganzen sehe. Da ich noch so Einiges vorhabe!
Bitte lass dich von Diagnosen nicht unendlich runterziehen und fang an, darauf zu schauen, was du bislang vielleicht übersehen hast. An Botschaften oder auch an schönen Momenten.
Das Leben ist großartig und du kannst noch Einiges davon mitnehmen! Für dich oder auch für andere, die davon profitieren, wenn es dir gut geht.
Wenn es dir schlecht geht, brauchst du das nicht schönreden. Aber lass dich nicht in eine noch größere Abwärtsspirale ziehen.
Steig in kein Gedankenkarussell ein, dass dich im Turbomodus in den Abgrund zieht!
6 Tipps zum Umgang mit Krankheiten als hochsensibler Mensch:
- Versuche die Krankheit als Chance zu sehen, aus der du als ein neuer Mensch hervorgehen kannst. Es gibt viele lebende Beweise, die dir versichern werden, an ihren schlimmsten Erlebnissen am meisten gewachsen zu sein.
- Vergiss die Stempel der Gesellschaft und mach deine eigenen Maßstäbe. Für DICH muss es ein guter Tag, eine gute Woche, ein gutes Leben sein. Nicht für die anderen.
- Frage keine Menschen nach ihrer Meinung, die nicht nachvollziehen können, was du durchmachst. Sie können dir keine hilfreichen Antworten geben, sie leben in einem Paralleluniversum.
- Falls dir jemand etwas erzählen will, der nicht ähnliches durchlaufen hat, sag ihm, es sei nett gemeint, aber er möge bitte die Klappe halten. Oder versuche wegzuhören und das Gesagte mit einem schlichten „Aha“ zu quittieren, wenn du keinen Nerv auf Konfrontation hast.
- Frag als sensitiver Mensch keinen normal- oder gar wenig sensiblen Menschen, wie er das nur alles schafft. Ihr lebt in verschiedenen Betriebssystemen. Jedes für sich ist gut, aber kompatibel sind sie nur bis zu einem gewissen Grad. Ihr werdet komplett aneinander vorbei sprechen.
- Lass dir von einem normal- oder weniger sensiblen Menschen niemals erzählen, wie du es besser machen könntest. Bedanke dich für seine Meinung und geh deinen eigenen Weg.
Was meinst du? Hat dir die richtige Einstellung schonmal über eine schwere Zeit hinweg geholfen? Hast du durch eine Krankheit schon etwas gelernt, was du nicht mehr missen willst? Oder hast du völlig andere Ansichten oder Erfahrungen gemacht?
Ich bin gespannt, von dir zu hören!
Alles Liebe,
Dein Schöngeistrebell
* WICHTIG: Trotzdem darfst du auf gar keinen Fall verschriebene Tabletten eigenmächtig absetzen oder nicht mehr zum Arzt gehen. Insbesondere im Akutfall können Medikamente ein Segen sein und Leben retten. Ich will hier aber dazu auffordern, vor allem langfristige Einnahmen bei chronischen Beschwerden sehr gründlich – zusammen mit einem fähigen Arzt des Vertrauens – abzuwägen (vor allem mit Blick auf die Liste der Neben- und Wechselwirkungen!!). Eine sehr sorgfältige Risiko-Nutzen-Analyse ist hier das Stichwort. Das gilt auch und gerade für Psychopharmaka.
Wow!! Was für eine Geschichte und so schön geschrieben. Vielen Dank, dass du das hier teilst!!
Vielen Dank für deine schönen Worte! Ich hab mich sehr darüber gefreut! 💛
Wow.. vielen Dank, dass du diesen Beitrag mit uns geteilt hast. Es hat mich tief berührt und mein Leben größtenteils wiedergespiegelt. Auch ich bin Anfang 30, chronische Schmerzen und depressive Phasen bis ich durch toxische Beziehungen (emotionale Abhängigkeit) zu mir selbst gefunden habe. Was hat man sich bitte für einen scheiss gegeben und was hat man mit sich machen lassen? Ich spüre, dass ich nochmal gewachsen bin, alles einen Sinn ergibt. Ich war früher in einem Kampfmodus, auf der Arbeit durchgehalten, um mithalten zu können. Mich angepasst und das Wohlbefinden anderer vorgezogen. Nun bin ich eine reife, bewusste und grenzensetzende Frau geworden, die sich gut um sich kümmert.. Ich bin auf dem Weg, mich so zu akzeptieren, wie ich bin und einen anderen Beruf zu wählen. Ich bin eine sensible Frau geworden, die weiß, was sie will und was nicht. 😊 Ich bin in einer Selbsthilfegruppe für Hochsensible und es ist unglaublich bereichernd und tiefgründig 🌝… Dort spüre ich, dass ich genau richtig bin, wie ich bin und das es auch noch andere Menschen gibt, die ähnliches erleben. Nur das beste von mir. ☀️
Liebe Selvije, herzlichen Dank für deinen Kommentar. Ich habe ein Grinsen im Gesicht, da ich es so toll finde, was du aus deinem Leben gemacht hast. Du bist damit ein Vorbild für andere – fantastisch! Schau doch mal in meiner Gruppe auf FB vorbei, wenn du Lust hast https://www.facebook.com/groups/schoengeistrebell.gruppe
Wir sind eine ganz tolle, unterstützende Gemeinschaft mit vielen Tipps für den Alltag und tiefgründigen Artikeln. Alles Liebe für dich!
Liebe Selvije, vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Mir fehlen die Worte, du hast wirklich eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht. Hut ab dafür! Ich finde das großartig und vorbildlich für so viele andere, die noch im Hamsterrad feststecken. Ganz liebe Grüße, Julia
Wunderbar geschrieben! Eine Freundin vermutet, dass ich auch hochsensibel bin. Mit dem Reizdarm das kenne ich ebenfalls.
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Falls du weiter prüfen willst, ob du wirklich hochsensibel bist, empfehle ich dir den neuen Artikel „Was ist Hochsensibilität“ https://schoengeistrebell.de/was-ist-hochsensibilitaet/ Alles Liebe, Julia
Mein Mann hat seit 15 Jahren die Diagnose MS und ist seit dem auch sensibler, vor allem was seine Körperwahrnehmung betrifft. LG Romy
Hi Romy, danke für deinen Kommentar. Das kann ich mir vorstellen. Psychisch ist so eine Diagnose ja eine ziemliche Belastung, so dass Menschen sich so auch verletzlicher fühlen als zuvor. Außerdem horcht man mehr in sich hinein, schenkt dem Körper mehr Beachtung. Ängste spielen meist eine große Rolle. Liebe Grüße, Julia
Wie verdienst du dann deinen Lebensunterhalt?
Ich verzweifle lediglich an den Schulden die ich durch die Krankheiten mache…
Hi Svenja, das tut mir leid. Es gibt ein weites Spektrum an Krankheitsintensität und Behinderungen. Ich konnte mir meine Arbeitsfähigkeit unter bestimmten Bedingungen (!) erhalten. Unter starkem Druck und Stress kann ich nicht gut leisten, sondern nur unter meinen eigenen Bedingungen bzw. meinem selbst bestimmten „Stress“. Auch deshalb (und aus Gründen der Sinnhaftigkeit!!) habe ich meinen Schwerpunkt von Anwältin im Großkonzern auf Therapeutin und Coach für Hochsensible (in Selbstständigkeit) verlagert. Das ist aber nicht für jeden etwas und ist auch ganz und gar nicht einfach gewesen. Ich will damit keine Lösung für andere überstülpen, jeder Fall ist unterschiedlich und falls die Krankheiten bzw. Behinderungen zu stark zuschlagen und nicht aufzuhalten sind, ist Arbeitsleistung leider unmöglich. Ich hoffe, du hast wenigstens Unterstützung in anderen Bereichen. Liebe Grüße, Julia