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Was ist Hochsensibilität?

11. Mrz 2022 | Mind & Soul, Sensitive Empowerment | 0 Kommentare

In diesem Artikel bekommst du einen Überblick darüber, was Hochsensibilität eigentlich ist – und was nicht.

Hiernach kannst du einschätzen, ob du selbst hochsensibel bist oder eine Person in deinem Umfeld (dein Partner oder dein Kind) hochsensibel ist. Du lernst, was alles damit zusammenhängt, dass dein Reizfilter grobmaschig ist wie ein Maschendrahtzaun. 

Außerdem räume ich mit gängigen Vorurteilen auf und kläre auch, was Hochsensibilität NICHT ist.

Starte mit folgenden Fragen, um zu schauen, ob Hochsensibilität in deinem Leben eine Rolle spielt:

  • Wie geht es dir, wenn du an Orte kommst, an denen viel los ist? Wo viele Menschen sind, wo Musik gespielt wird, wo es eng ist? Wo viele Gerüche sind und wo viele verschiedene Dinge zu sehen sind? Zum Beispiel während des wöchentlichen Großeinkaufs. Laugt dich das aus?
  • Kennst du die Arbeit im Großraumbüro? Bist du auch ständig abgelenkt, obwohl du dich eigentlich konzentrieren müsstest?
  • Wie ist es für dich, wenn du Zeit mit einem mürrischen, unzufriedenen Menschen verbringst? Beeinflusst dich das auch negativ?
  • Willst du gerne alle Menschen „retten“, ihre Probleme lösen, sie zufrieden machen?
  • Bist du schon mal in einen Raum gekommen, deine Laune war gerade noch gut und – plums! – sackte sie in den Keller, weil du irgendetwas Komisches in diesem Raum spüren konntest? Eine Stimmung, die in der Luft liegt?
  • Kaust du manchmal Ewigkeiten auf kurzen Begegnungen herum? „Was hätte ich anderes sagen können? Warum habe ich bloß dieses oder jenes gesagt oder nicht ausgesprochen?“

Wenn du eine oder mehrere Fragen mit „ja“ beantwortet hast oder irgendwas bei dir klingelt, könnte der Grund sein, dass du hochsensibel bist.

Was ist Hochsensibilität?

Falls du lieber ein Video dazu sehen willst, was Hochsensibilität ist, hab ich dir hier eins gedreht.

Du erfährst typische Situationen, die du durchlebst, wenn du hochsensibel bist, die Merkmale von Hochsensibilität und Abgrenzungen. Du bekommst eine angenehme Klarheit, weshalb du bist, wie du bist. Weshalb du dich nur begrenzt kompatibel mit anderen Menschen fühlst. Warum du dich häufig so anders fühlst. Du wirst lernen, was Hochsensibilität denn nun konkret ist. 

Was ist Hochsensibilität Reizfilter

Hochsensibilität ist ein psychologisches UND körperliches Phänomen.

Wenn du wissen willst, was Hochsensibilität ist, schauen wir uns die verschiedenen Ebenen des Menschen an.

Aus psychologischer Sicht ist Hochsensibilität ein Persönlichkeitsmerkmal. Das Persönlichkeitsmerkmal Sensitivität, also Empfindsamkeit gegenüber Reizen, ist bei hochsensiblen Menschen stärker ausgeprägt als beim Durchschnitt. 

Körperlich gesehen ist Hochsensibilität eine neurophysiologische Besonderheit des zentralen Nervensystems.

Puh…… denkst du dir. Was für ein riesiger Begriff, der kompliziert klingt. Und es tatsächlich auch ist :).

Schnell auf den Punkt gebracht bedeutet es: Das zentrale Nervensystem umfasst die Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark. Wir alle haben darin eine Art Filter eingebaut. Die sorgen dafür, dass aus den Millionen von Reizen, die uns sekündlich erreichen, nur die Informationen herausgefiltert werden, die für uns in der jeweiligen Situation als wichtig eingeordnet werden. Das können Gerüche, optische oder akustische (hörbare) Eindrücke sein. Oder taktile (die du fühlen kannst) oder interne Reize. Mit intern sind z.B. Gefühle, Gedanken, oder Schmerzen gemeint. 

All diese Reize laufen also durch die Filter wie durch ein Sieb. Es dringt also nur ein Bruchteil der Reize, die umgeben, in unser Bewusstsein.

Ohne diese Vorauswahl würden wir völlig überfordert sein. Wir könnten null denken, würden komplett überreizen und in den Irrsinn getrieben.

Was ist Hochsensibilität Reizfilter

 

In der Abbildung kannst du es erkennen. 

Den Reizfilter einer Durchschnittsperson kannst du dir vorstellen wie ein Küchensieb mit klitzekleinen Löchern. Es ist ziemlich engmaschig. Massig unwichtige Reize werden herausgefiltert. So wird ziemlich viel weggelassen, was gut ist. Denn wenn zu viele Reize gleichzeitig auf dich einprasseln, bist du schlussendlich so überstimuliert wie A-und B-Hörnchen auf LSD.

Den Reizfilter eines hochsensiblen Menschen kannst du dir dann eher wie einen Maschendrahtzaun vorstellen. Die Löcher, durch die die Reize eindringen, sind groooooooooooß. Dich erreichen entsprechend viel mehr Informationen – ob nun wichtige oder nicht. Du nimmst also viel mehr wahr als der Durchschnitt.

Hochsensibilität ist daher in anderen Worten auch eine erhöhe Wahrnehmungsfähigkeit.

Du hörst also nicht nur deinen Gesprächspartner reden, sondern auch die Autotür auf der Straße knallen und das Ticken der Uhr an der Wand. Alles erscheint gleich laut und wichtig und es wird nichts automatisch in den Hintergrund gedrängt. Das kann je nach Situation gut oder schlecht sein.

Erkennst du den enormen Unterschied? Lass das mal kurz sacken. Diese unterschiedliche Wahrnehmung kann im Grunde fast alles erklären, was dich umtreibt.

Ungefähr 20% der Bevölkerung sind hochsensibel. 2 von 10 Menschen – das sind ganz schön viele! Du bist also ganz und gar nicht allein, wenn du mehr wahrnimmst als andere.

Hochsensibilität bedeutet kurz: Mehr von allem

Du fragst dich, wie du schnell verstehen kannst, was Hochsensibilität ist? Die einfachste Definition von Hochsensibilität ist: Mehr von allem. Hochsensibilität bedeutet, MEHR wahrzunehmen, dadurch MEHR Reize zu verarbeiten, MEHR Gefühle zu fühlen und MEHR Gedanken zu denken und noch vieles MEHR.

Hier findest du die wichtigsten Punkte. Aber behalte dabei im Hinterkopf, dass nicht auf jeden Hochsensiblen ALLE Aussagen zutreffen müssen, sondern es auch möglich ist, nur in bestimmten Bereichen überdurchschnittlich sensibel zu sein.

Hochsensibilität: Mehr Empathie

Viele hochsensible Personen sind extrem empathisch. Sie können sich also unheimlich gut in andere hineinversetzt, wie es ihnen geht, was sie fühlen oder denken mögen. Das kann dazu führen, dass sie das Gefühl für sich selbst und ihren eigenen Standpunkt total verlieren. Sie versinken regelrecht in den Gefühlen oder Beweggründen der anderen. Dabei lösen sie das Gefühl für sich selbst und die eigenen Grenzen geradezu auf. Das passiert in der Regel natürlich völlig unbewusst und nicht absichtlich. Wer löst das Gefühl für sich selbst schon mit Absicht auf?

Die übergroße Empathie kann handfeste körperliche und psychische Blüten treiben. Kennst du z.B. einen Gefühlskater? Den hast du dann, wenn du es mit einem sehr negativen Menschen zu tun hattest. Einem Energievampir wie man so schön treffend sagt. Z.B. einem Choleriker, der bei jeder Kleinigkeit in die Luft geht. Oder einem Profiopfer, das immer glaubt, zu kurz zu kommen und dementsprechend vor Unzufriedenheit strotzt. Oder alle anderen für ihr Unglück beschuldigt.
Dein Gesprächspartner ist süchtig. Süchtig nach einem ganz besonderem Stoff: Deiner Aufmerksamkeit, deinem Mitleid, deinem Schrecken. Er braucht dieses Drama wie die Luft zum atmen. Und das holt er sich bei dir. Und futtert sich satt.  Dann geht er wohlgenährt und gestärkt vom Platz. Doch du fühlst dich anschließend, als hättest du eine Flasche Wodka auf leeren Magen eingeatmet. Du fühlst dich fick und fertig. Buchstäblich leer gesaugt. 

Die starke Empathie führt auch zu einem sehr großen Gerechtigkeitsempfinden. Wenn du dabei zuschauen musst, dass anderen Unrecht angetan wird, ist es für dich schlimmer, als wenn du selbst betroffen wärst. Du findest, eine Person oder ein Tier werden unfair behandelt? Sofort geht es dir schlecht, du willst helfen, fühlst dich verantwortlich das Problem zu lösen und willst alles tun, damit es deinem Gegenüber besser geht. Denn dadurch – so wünschst du dir unbewusst – wird es auch für dich wieder erträglich. Und das ist völlig verständlich!

Wenn du diese Situationen kennst, bist du ein Empath, der noch nicht im Gleichgewicht ist. Und leidet. Deine Empathie ist überbordend und deine Grenzen sind nicht gut ausgebildet. Du verschwimmst mit den Gefühlen und Gedanken von anderen und leidest mit. 

Es ist ein schmaler Grat zwischen Mitfühlen und Mitleiden.

Mitfühlen ist etwas total gesundes und menschliches. Mitgefühl ist unendlich und basiert auf Liebe. Ich bin heilfroh, dass es in unserer Ellenbogengesellschaft mitfühlende Menschen gibt.

Aber Mitleid ist schädlich und zu viel. Denn wie das Wort schon sagt, leidest du darunter. Deine Empathie ist überbordend und führt dich auf Dauer ins Burnout. Denn es werden dann die gleichen Gehirnareale aktiviert, als wenn dir das Leid selbst widerfährt. Damit ist dann wirklich niemandem geholfen. Ganz zu Schweigen, dass du so unter deinem Potenzial bleibst, wirklich etwas zu verändern. 

Die gute Nachricht: Deine Grenzen kannst du nach und nach besser ausbilden und so weit mehr bewirken, als wenn du selbst zugrunde gehst. Dann wird allmählich aus dem ungesunden Mitleiden ein gesundes Mitgefühl. Massives Mitleiden ist nichts, was von Natur aus da ist. Professionelles Mitleiden bzw. stellvertretende Leiden für andere haben wir meist schon in unserer Kindheit erlernt. Es ist ein Muster.

Das kann beispielsweise so entstanden sein, dass du unbewusst viele emotionale Lasten auf dich genommen hast, um den Familienfrieden zu wahren. Oder um deine kranken, überforderten Eltern zu entlasten. So hat das System funktioniert. Und als du 18 warst, hast du dieses – damals überlebenswichtige – Muster ja nicht einfach abgestreift, nein. Du hast weiterhin für andere gelitten. 

Das ist tatsächlich eine gute Nachricht, denn was du einmal gelernt hast, das kannst du auch jederzeit wieder verlernen. Es lässt sich verändern, durch Wissen und Übung (siehe auch mein Artikel Leidest du unter zu starker Empathie? – Der (r)evolutionäre Sinn dahinter und wie du damit klar kommst).

Hochsensibilität: Mehr Wahrnehmung.

Hochsensible Menschen verfügen über mehr Wahrnehmungsfähigkeit. Du erinnerst dich an die grooooßen Löcher in der Abbildung. Sie nehmen einfach mehr wahr, sowohl über die fünf Sinne von außen als auch von innen. Das heißt, möglicherweise hast du besonders feine Sinneskanäle, hörst, siehst, riechst schmeckst oder fühlst außerordentlich gut.
Das kann auch zum Beispiel eine Geräuschempfindlichkeit oder generell die Neigung zur Überstimulierung mit sich bringen. Vielleicht macht es dich rasend, wenn du eine Arbeit machen willst und draußen wird der Rasen gemäht. Wortspiel 😉 Oder du versuchst dich zu konzentrieren und gleichzeitig ruft jemand an oder es kommt eine WhatsApp-Nachricht rein. Das bringt dich alles derartig aus dem Konzept, dass du wieder sehr lange brauchst, um dich zu konzentrieren.

Der wöchentliche Großeinkauf kann für eine hochsensible Person komplett überfordernd sein. Durch bestimmte Strategien (zukünftiger Blogartikel?) bin ich nicht mehr wie früher für den Rest des Tages komplett erledigt nach einem Einkauf. Auch schaffe ich es heute, wirklich das einzukaufen, was ich benötige, statt mit einem Haufen anderer Sachen nach Hause zu gehen vor lauter Ablenkung. Viel Vorbereitung, Achtsamkeit und Training haben dabei geholfen und das vermittle ich auch meinen Klienten. Es bleibt aber nach wie vor anstrengend, das hab ich inzwischen akzeptiert und berücksichtige es bei der Planung. Sprich, ich mach es nicht gerade dann, wenn ich auch noch andere anstrengende Termine habe oder in irgendeiner Art und Weise einen stressigen Tag.

Ich gebe dir ein weiteres Beispiel: Arbeit im Großraumbüro. Kennst du? Das kann durch die besonderen Sinnesfähigkeiten eines hochsensiblen Menschen dazu führen, dass dieser seine Arbeit nicht in der top Qualität, zu der er eigentlich im Stande wäre – oder nur mit einem enormen Energieaufwand erledigen kann. Husten, Geruch aus der Kantine, eine Tür geht auf, ein Fenster wird krachend geschlossen, Gesprächsfetzen… Hinten links hat eine Kollegin schlechte Laune und der direkte Sitznachbar grübelt über ein Problem. Das ist für dich alles spürbar und du kannst es nicht einfach ignorieren. Und die Kollegen können noch nicht mal was dafür. Selbst wenn sie versuchen, sich rücksichtsvoll zu verhalten, ist es immer noch furchtbar anstrengend für dich.

Hochsensibilität: Mehr Reizverarbeitung

Dir wird es schnell mal „zu viel? Kein Wunder, denn wie du schon weißt, folgt aus der erhöhten Wahrnehmungsfähigkeit, dass dein Nervensystem viel mehr Reize verarbeiten musst. All das, was in dein System reinkommt, verpufft ja nicht einfach so, nein! Es muss verarbeitet werden. Dein Nervensystem hat so einfach viel mehr zu tun als das eines durchschnittlichen Menschen. Und das verbraucht Energie und macht müde!

Dazu kommt, dass hochsensible Menschen Reize auch noch besonders intensiv und tiefgreifend verarbeiten. Vielleicht kennst du es, dass du nach einem lapidaren Gespräch mit der Nachbarin oder einem Vater im Kindergarten noch Tage oder sogar Wochen darüber grübelst? Es lässt dich nicht los, kreist immer wieder durch deinen Kopf.

Hochsensibilität: Mehr Gefühle

Hochsensible Menschen sind oft sehr gefühlvoll und emotional, sie haben eine große Bandbreite an Gefühlen. Was sich erstmal romantisch anhört, ist definitiv nicht nur schön, sondern kann auch wahnsinnig anstrengend sein. Denn wenn du traurig bist, bist du nicht nur traurig, du bist todtraurig bis zu depressiv. Und wenn du fröhlich bist, dann bist du nicht nur irgendwie gut drauf, sondern du schwebst auf Wolke 7! Das kann eine ganz schön heftige Achterbahnfahrt sein, wenn du nicht gelernt hast, dich zu stabilisieren. Auch hier kann man viel dran machen, aber es bedeutet Arbeit – an dir. Der Lohn: Eine unerschütterliche Ruhe, tief in dir, egal welch ein Sturm da an der Oberfläche toben mag.

Hochsensibilität: Mehr Gedanken

Hochsensible Menschen haben ein sehr aktives Hirn, das kann auch gemessen werden. Da geht es drunter und drüber, weil so viele Gedanken gleichzeitig am Start sind. Dein Gehirn ist sehr aktiv, es besteht ein fließender Übergang zu hyperaktiv. Das kann stressig sein, hat aber auch Potenzial. Zum Beispiel kannst du super gut ungewöhnliche Wissenspunkte vernetzen und hast dadurch neue Ideen und Innovationspotenzial.

Du denkst auch nicht nur stur in eine Richtung, sondern hast oft einen quirligen Gedankengang, den viele als wirr einstufen könnten. So entstehen Lösungen, auf die sonst keiner gekommen wäre. Was zum nächsten Punkt passt.

Hochsensibilität: Mehr Kreativität

Da hochsensible Personen so viel wahrnehmen und fähig sind, so viele Eindrücke zu verarbeiten, sind sie meist ziemlich kreativ. Das kann sich in ganz vielen spiegeln. Möglicherweise findest du leicht kreative Lösungsansätze für Probleme. Oder du bist künstlerisch veranlagt, ein regelrechter Schöngeist. Es kann auch sein, dass du gerne Kunst konsumierst, schöne Dinge genießt, Dekofan bist. In Details das Schöne erkennst.

Vielleicht liebst du Musik. Wenn dich Musik tief im Inneren berührt, so stark, dass du es kaum in Worte fassen kannst, ist das auch ein Indiz dafür, dass du hochsensibel bist. Denn was ist Musik? Musik ist vertonte Emotion. Und die kannst du spüren. Du nimmst dabei nicht nur die oberflächliche Schönheit wahr. Musik oder die Schönheit der Natur berührt dich bis auf das Mark.

Hochsensibilität und die anderen

Weshalb haben es hochsensible Menschen in der Gesellschaft manchmal schwer und wer sind diese „anderen“? Die anderen sind überwiegend der Durchschnitt. Durchschnitt bedeutet im Ergebnis nichts anderes als die Mehrheit in einer Gruppe. Und die Mehrheit ist nicht hochsensibel, sondern durchschnittlich sensibel. Für deine Begriffe, wenn du hochsensibel bist, also weniger sensibel.

Diese normalsensible Mehrheit bestimmt, wie unser Alltag läuft, wie die Gesellschaft tickt. Sie bestimmt auch das vorherrschende Reizlevel. D.h. was im Alltag als normal und angenehm angesehen wird an Eindrücken. Darunter fallen z.B. Musikgedudel, Lautstärken, Licht, Geschwindigkeit von Filmen und vieles mehr.

Warum das Leben für dich so anstrengend ist

Für den Großteil der Menschen ist es angenehm oder mindestens nicht störend, wenn im Supermarkt Musik dudelt, die neuste Tassensuppe blinkend beworben wird. Den beißenden Geruch der Fleischtheke oder Waschmittelabteilung bemerken sie vielleicht gar nicht. Geschweige denn die schlechte Laune des Rentners vor Ihnen am Regal. Sie können trotz dieser Dinge durch den Laden gehen und wissen noch, was sie einkaufen wollen. Hinterher geht es ihnen gut, sie sind nicht ausgelaugt.

Du nimmst aber viel mehr davon wahr und überreizt damit auch deutlich schneller. Reizüberflutung kann sich sehr unterschiedlich äußern, psychisch wie körperlich. Psychisch wirst du vielleicht unkonzentriert, fahrig, aggressiv oder resigniert. Körperlich können Schwitzen, Schwindel, Herzrasen, Erschöpfung, Schlafprobleme u.v.m. dazu gehören. Daher ist auch eine Abgrenzung zu Krankheiten (s.u.) oft gar nicht so leicht.

Dazu kommt, dass die Masse an Reizen in den letzten Jahren drastisch zugenommen hat. Höher, schneller, weiter, lauter. Emails prasseln im Minutentakt rein (oder schneller), Filme gleichen einer Aneinanderreihung von Special Effects. Ich habe dabei das Gefühl, von einem Gewitter von Bildern erschlagen zu werden, so dass ich weggucken muss oder eben ausschalte. 

Noch ein Beispiel: Uns erreichen inzwischen täglich bis zu 8000 Werbereize. Besonders viele sind es, wenn wir uns im Internet aufhalten, wieder Zeit am Smartphone verbringen. Das sind unfassbar viele Infos in kürzester Zeit, die schon Otto Normalverbraucher überfordern. Daher ist es für dich eine wahnsinnige Anstrengung, dem standzuhalten.

Du brauchst viel mehr Kraft und Energie, um deinen Alltag zu bewältigen.

Dein offenes Reizfiltersystem sorgt dafür, dass du schnell abgelenkt bist. Das ist auch der Grund, warum es für dich anstrengend ist, mit vielen Menschen zusammen zu sein, auf blinkende Werbung zu schauen oder aus hunderten von Produkten auszuwählen. Warum du eine derartige Gedankenfülle und tiefgreifende Gefühlswelt hast. Dein Mitfühlen kennt dadurch auch keine Grenzen. Denn du nimmst die Gefühle von anderen stark in dir wahr. Weshalb du auch am liebsten allen und jedem helfen willst – und dich selbst dabei vergisst!

Daher ist unsere Umgebung ist für diese große Gruppe von hochsensiblen Menschen ZU laut, ZU blinkend, einfach ZU VIEL.

Weshalb dich niemand versteht

  • „Stell dich doch nicht so an!“
  • „Sei doch nicht so sensibel.“
  • „Nimm dir nicht alles so zu Herzen.“
  • „Du musst dir endlich ein dickeres Fell anschaffen.“

Bekommst du solche Tipps? Meist sind sie sogar gut gemeint, helfen dir aber nicht im Geringsten weiter.

„Ratschläge sind auch Schläge.“ (Sprichwort)

Derartige Tipps sind ein guter Hinweis dafür, dass du hochsensibel sein könntest.

Die Menschen, von denen diese Tipps kommen, sind es eher nicht. Oder sie sind zwar selbst hochsensibel, lehnen diese Eigenschaft an sich aber strikt ab und bekämpfen sie dann bei dir. Das nennt man Projektion. Du wunderst dich dann nur über die Härte, die dir entgegen gebracht wird und verstehst die Welt nicht mehr. So kommt es zu Verschiebungen von Problemen und Gefühlen.

Die meisten Menschen sind ja normalsensibel (durchschnittlich sensibel) und können dir so schlicht nicht folgen. Nicht im Sinne von „die sind doof“, sondern sie haben einfach eine ganz andere Wahrnehmung.

Fakt ist: Das Empfinden hochsensibler und durchschnittlich sensibler Menschen unterscheidet sich enorm. Wir erleben Situationen komplett unterschiedlich.

Das und viele andere Missverständnisse mit Menschen können dich als hochsensibler Mensch immens verunsichern. Es ist total wichtig, dass du die Mechanismen dahinter verstehst, um nicht immer mehr an dir selbst zu zweifeln (siehe auch mein Artikel Warum du nicht das Problem bist, wenn du häufig abgelehnt wirst). 

Die Übergänge von durchschnittlich sensibel hin zu hochsensibel sind fließend. Sensibilität hat viele Schattierungen und keiner hat sich seine Sensibilität ausgesucht.

Diese verschiedenen Level von Wahrnehmungsfähigkeit führen dazu, dass das Verständnis zwischen hochsensiblen und durchschnittlich sensiblen Menschen verloren geht. Vor allem werden hochsensible Menschen häufig abgewertet durch eben diese Ratschläge. Unsere Ellbogengesellschaft hat wenig Wertschätzung für hohe Wahrnehmungsfähigkeit übrig. Es wird Zeit, dass sich das ändert. Doch hochsensible Menschen haben einen besseren Ruf verdient, als sie aktuell haben.

Was ist Hochsensibilität bei Kindern?

Bei Kindern äußert sich Hochsensibilität anders als bei Erwachsenen. Das liegt daran, dass sie noch nicht so konditioniert und angepasst sind. Das passiert dann erst im Laufe des Lebens.

Als Baby sind hochsensible Kinder auffällig häufig Schreibabies, also Babies, die übermäßig viel schreiben und sich nur sehr schwer oder gar nicht beruhigen lassen. Über viele, harte, lange Stunden hinweg. Das kann verschiedene Ursachen haben, z.B. Koliken oder auch Verspannungen im Nackenbereich. Eine Ursache ist aber auch die Hochsensibilität und damit die Überforderung mit den unglaublich vielen Reizen, die auf sie einprasseln. Da sie nichts anderes tun können, als die Überforderung rauszuschreien, schreien sie sich dann die Seele aus dem Leib.

Bei Kindern gibt typischerweise zwei verschiedene Gruppen von hochsensiblen Kindern. Die einen nenne ich die temperamentvollen, die anderen die leisen.

Die temperamentvollen hochsensiblen Kinder müssen ihre Emotionen geradezu herausschreien. Sie fallen stets auf, da sie in der Gruppe zu den lautesten gehören. Sie rasten aus, sie wirken theatralisch. Leider werden sie dann in die Bombenleger Ecke gestellt und mit unsozialen, schlecht erzogenen Kindern verwechselt. Damit wird ihnen aber großes Unrecht getan. Denn sie sind nur deshalb laut, da sie so stark von ihren Gefühlen überflutet werden. Sie sind nur deshalb laut, da sie mit der Reizüberflutung nicht zurecht kommen. Und sie sind dann laut, wenn wieder einmal gnadenlos über ihre Grenzen getrampelt wurde. Ihr Selbstwertgefühl leidet sehr unter der ungerechtfertigten Kritik, sie seien ungezogen. Hängen bleibt, dass sie „falsch“ sind, wie sie sind. Wenn hier nicht irgendwann ein eigener Weg eingeschlagen wird,  können diese Kinder als Erwachsene dann in Ängste, Süchte usw. schlittern. 

Die leisen hochsensiblen Kinder fallen dagegen weniger auf. Sie ziehen sich zurück, wirken verträumt. Sie werden als schüchtern eingestuft. Oft werden sie auch als sehr „lieb“ und vernünftig wahrgenommen. Auch dieses Schubladendenken wird ihnen nicht gerecht. Oft sind sie nicht schüchtern, sondern nur abwägend und vorsichtig. Da sie aber immer wieder hören, dass sie schüchtern sind, werden sie es dann auch irgendwann und zweifeln an sich. Übermäßig lieb sind sie meist aus negativer Erfahrung. Da Wut und Trauer nicht begleitet, sondern bestraft wurden („Heul nicht!“ oder „Stell dich nicht so an!“).  Wenn sie dann in den Augen der Erwachsenen „lieb“ sind und tapfer, erzeugen sie Harmonie. So stellen sie sicher, dass die Herde sie akzeptiert. Das zieht auch massive negative Konsequenzen nach sich. Auch diese Kinder entwickeln ein schlechtes Selbstwertgefühl. Denn was sie fühlen, was sie eigentlich sind, ist anscheinend falsch. Diese Kinder werden ihr Leben lang ihre eigenen Bedürfnisse denen von anderen unterordnen, um die Harmonie zu wahren. Wenn sie nicht gegensteuern durch Arbeit an sich selbst, crasht dann das System in Form von Burnout, Depressionen etc..

Der richtige Weg, mit den sensiblen Kindern umzugehen, ist, sie darin zu bestärken, dass sie „richtig“ sind. So wie sie sind. Dass sie Wut und Trauer fühlen dürfen. Dass sie ihre Bedürfnisse sagen dürfen und dass sie gehört werden. Hier können wir von Anfang an als Mütter (und Väter) viel richtig machen. Wenn wir unsere Vergangenheit in etwas Neues, Gutes verwandeln, können wir einen echten Unterschied machen und unsere Kinder können stabil und gesund aufwachsen. Ist das nicht genial?

Warum nicht einfach ein Test, ob ich hochsensibel bin?

Test sind grundsätzlich eine angenehme Sache, weil man das Gefühl von Gewissheit bekommt. Das Problem ist nur, dass Tests auch nur von Menschen erstellt werden. Und wenn jemand einen Test erstellt, legt eben dieser Mensch fest, ab wann genau Hochsensibilität beginnt. Dabei setzt er seine eigenen Maßstäbe. Das heißt: Ab einem bestimmten Punkt bist du dann hochsensibel – oder eben nicht. Die einen gehen dabei grundsätzlich eher wissenschaftlich vor – wobei die Wissenschaft hier noch in den Kinderschuhen steckt – und die anderen gehen nach … ja was eigentlich?… Gefühl oder Erfahrungswerten vor. 

Allerdings sind die Grenzen bei der Sensibilität fließend. Das heißt, es gibt nicht nur gering-, normal- und hochsensible Menschen in 3 festen Kategorien und nichts dazwischen. Sondern es gibt auch Menschen, die nur wenig sensibler sind als der Durchschnitt, die deutlich sensibler sind als der Durchschnitt und die extrem viel sensibler sind als der Durchschnitt etc.. Es gibt also ALLE Schattierungen. Manche Menschen sind nur teilweise hochsensibel. Das kann sich z.B. durch übergroße Fantasie und Empathie zeigen. Und wenn du zu diesen Gruppen gehören solltest, könntest du ebenfalls sehr gut von Wissen und Strategien zu Hochsensibilität profitieren. Es wäre doch schade, wenn du durch einen Test „durchfallen“ solltest und dann immer noch nicht weißt, dass du sehr wohl in einigen Bereichen besonders sensibel bist. 

Außerdem kann kein Test der Welt deine Persönlichkeit voll umfassen. Denn die macht viel mehr aus als nur das Sensitivitätslevel. Für mich ist es daher eine theoretische und daher wenig hilfreiche Diskussion, ab wann genau du „amtlich bestätigt hochsensibel“ bist. Sofern du dich hier gleich ausreichend wieder erkennst, bist du es. Für dich. Denn du bist der Experte für dich und dein Leben. Lerne, deiner Wahrnehmung wieder mehr zu vertrauen – auch bei dieser Frage.

Ich empfehle dir also, den Artikel gut durchzulesen und deiner eigenen Einschätzung zu vertrauen. Wenn du es trotzdem mit einem Test versuchen willst, empfehle ich dir (externen link einfügen) oder (externen link einfügen).

Was ist Hochsensibilität nicht?

Nun weißt du, was Hochsensibilität ist. Wichtig zu wissen ist aber auch, was sie NICHT ist.

Hochsensibilität ist kein Hype oder Trend.

In letzter Zeit können wir immer mehr über Hochsensibilität lesen. Das ist auf der einen Seite super, auf der anderen Seite schießt es manchmal über das Ziel hinaus. Wenn wir nur noch davon lesen, dass Hochsensibilität eine Gabe ist, eine Superkraft, wir wahnsinnige Fähigkeiten haben, sind viele davon langsam genervt. Ich kann´s sogar verstehen. Klingt es doch so, als wollten wir nur beleidigt beweisen, wir wären was Besseres. Deshalb hören wir nun öfter den Vorwurf: „Hochsensibilität, das ist doch alles Käse, ihr wollt euch nur wichtig machen.“

Das stimmt so nicht. Ich bin mir völlig sicher: Es gab schon immer Menschen und Tiere, deren Sensibilität sich von der anderer unterschieden hat. Dafür sprechen auch die neuesten Forschungsergebnisse. Es ist sogar extrem wichtig für eine Spezies, ob Mensch ob Tier, dass eine gewisse Gruppe mehr wahrnimmt und mehr nachdenkt als die anderen. Sie bilden das Gegengewicht zu denen, die erstmal tun statt denken. Aber nur gemeinsam sind wir stark. Wären alle hochsensibel, wäre das sicherlich auch nicht von Erfolg gekrönt. Daher glaube ich fest daran, dass wir uns alle perfekt ergänzen.

Da Sensible seit einer Weile aber extrem gering geschätzt und benachteiligt werden, finde ich es auch nur fair, auf ihre Vorteile und Errungenschaften hinzuweisen. Um einen kleinen Ausgleich zu schaffen. Auch wenn es jetzt so manch einen nervt.

So wird auch diskutiert, ob zum Beispiel der berühmte Maler Michelangelo oder der Musiker Mozart erst durch ihre extreme Offenheit diese genialen Werke schaffen konnten. Tiefe Denker, Maler und Dichter haben seit jeher ihr tiefes Empfinden in ihre Kunst gegossen und die meisten von ihnen dürften hochsensibel gewesen sein. Und nein, natürlich sind nicht nicht alle Hochsensiblen geniale Künstler, aber es gibt umgekehrt nicht wenige unter ihnen.

Hochsensibilität ist keine Diagnose oder Krankheit.

Keine Angst, wenn du dich jetzt hier wiedererkannt hast. Hochsensibilität hat nichts krankhaftes. Hochsensibilität wirkt sich natürlich auf die Persönlichkeit aus, aber die Persönlichkeit macht noch viel mehr aus als das Sensitivitätslevel.

Reizüberflutung kann sich aber trotzdem schlimm anfühlen, wenn da auch nichts offiziell „krank“ dran ist. Du kannst es schnell mit Krankheit verwechseln. Denn oft sind Schlafstörungen, Schwindel, Übelkeit, Agression, Erschöpfung u.v.m. damit verbunden. Nur ein Fachmann kann das von z.B. Depressionen oder Angststörungen unterscheiden. Daher werden viele Hochsensible leider vorschnell falsch diagnostiziert.

Allerdings macht Hochsensibilität insgesamt anfälliger für Krankheiten. Das hat etwas mit dem schnell erhöhten Stresslevel zu tun und der allgemeinen Verletzlichkeit zu tun. 

Dazu kommt, dass es Krankheiten gibt, die die Hochsensibilität mit beinhalten – sozusagen gratis. Hierzu gehört auch der Asperger Autismus. 

Hochsensibilität bedeutet nicht automatisch Leiden

Bitte glaube nicht, dass Hochsensiblität eine Bürde ist, dich dich automatisch leiden lässt. Das ist falsch und hat in der Regel mit einem ungünstigen Umgang mit der Hochsensibilität zu tun.

In den meisten fällen liegen massive Probleme mit der Abgrenzung vor, die dir noch nicht mal bewusst sein müssen. Das kann sich z.B. dadurch äußern, dass du übermäßig für die Menschen in deinem Umfeld engagiert bist (Helfersyndrom) und glaubst, du müsstest für sie Verantwortung übernehmen. Oder du wirst übermäßig viel von anderen eingespannt oder sogar ausgenutzt. Vielleicht hast du auch viele Energiesauger in deinem Umfeld. Oder du passt dich dem mehrheitlichen Lifestyle und den gesellschaftlichen Anforderungen zu sehr an, da du unbewusst Angst hast, sonst von anderen abgelehnt zu werden. Falls du dich hier wiederkennst und du wütend auf mich oder dich wirst, ist das ein gutes Zeichen. Denn dann räsoniert etwas bei dir und du hast einen Ansatzpunkt. Und keine falsche Scham! Tausende emphatische Menschen inklusive mir kennen diese Probleme nur zu gut. Abgrenzung bleibt für empathische Menschen ein Dauerbrenner. Ich muss auch selbst immer dran bleiben und mich heute noch von alten Grenzüberschreitungen erholen. 

Oft gibt es auch auch eine zusätzlich vorhandenen Erkrankung, die den Leidensdruck erhöht (s.o.).

Falls du als hochsensibler Mensch einen Leidensdruck fühlst, dann will ich dir Mut machen, das anzuerkennen und dir Hilfe zu holen. Lies im ersten Schritt 3 mächtige Impulse, wenn du als hochsensibler Mensch in einer Krise steckst und endlich in deine Mitte finden willst.

Du brauchst nicht leiden! Du kannst etwas für dich tun. Essentiell ist, DASS du etwas TUST.  Hol dir Hilfe an Board, ob nun durch mein Coaching oder das einer anderen Person, die sich sowohl mit Hochsensibilität als auch mit Erkrankungen auskennt. Oder, wenn es dich schon ärger erwischt hat, durch Psychotherapie bei einem Therapeuten. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern im Gegenteil, von Mut und Stärke!

Was denkst du jetzt? Hast du ein Gefühl dafür bekommen, ob du hochsensibel sein könntest?

Konntest du ein Gefühl dafür entwickeln, ob du hochsensibel bist? Hast du etwas an Klarheit gewonnen? Schreib mir gerne einen Kommentar! Ich freu mich, von dir zu hören, und bin total gespannt auf deine Rückmeldung.

Bis dahin alles Liebe und denk dran:

Bleib anders und entdecke deine Stärke, denn die Welt hat ein Recht auf den Unterschied, den du machst.

Alles Liebe,
Dein Schöngeistrebell

Hi, ich bin Julia

Künstlerin, Rechtsanwältin und Expertin für erhöhte Neurosensitivität („Hochsensibilität“).

Als Schöngeistrebell inspiriere ich willens- und gefühlsstarke Sinnesmenschen, ihre wahre Essenz zu befreien und in die Welt zu tragen.
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