Vom Geschmack des Sommers und dem Wert des Einfachen – Holunderblütensirup!
Du liebst es, Blüten in der Natur zu sammeln und mit allen Sinnen zu genießen? Die vermeintlich simplen Dinge tun deiner Seele gut? Dann ist dieser Artikel für dich!
Endlich Sommer, endlich Holunderblüten!
Es ist Ende Mai.
Ich fahre auf der Landstraße durch die sattgrünen Felder. Es ist dieses helle, saftige Grün, das es nur in dieser Jahreszeit gibt. Der Himmel ist zart blau – wie Vergissmeinnicht – und einige wenige Wölkchen schweben friedlich und wie Zuckerwatte über der Landschaft. Ein milder Wind weht die Grashalme rund zu wogenden Teppichen. Ich öffne das Fenster.
Sonne! Wärme!
Der Sommer steht vor der Tür.
Und dann entdecke ich ihn. An den unscheinbarsten Orten steht er. An Feld- und Waldrändern. Und auch sonst auf fast jedem Fleckchen Erde, das der Mensch noch nicht vollkommen kontrolliert und entartet hat.
Er findet seinen Weg und lässt sich nicht unterkriegen: Holunder!
In voller Blütenpracht.
Ich freue mich wie ein kleines Kind über diese duftigen, weißen Blütenkissen. Überall entlang der schmalen, sich schlängelnden Straße stehen die übergroßen, weißen Holunder-Blumensträuße. Sofort zieht mir in Gedanken der süße, schwere Duft in die Nase. Nach Honig und ….. ja….eben…. Holunder!
Ich kenne keinen vergleichbaren Duft. Mit Morgentau oder nach dem Regen ist er besonders intensiv. Inzwischen glaube ich schon, ihn wirklich zu in der Nase zu haben. Oder ist das nur eine Illusion? Dann kommt der nächste Reflex. Ich kann es förmlich auf der Zunge schmecken: Holunderblütensekt und -limonade.
Dieser einzigartige Geschmack von Sommer.
Dem Sommer, der noch frisch und klar ist. Dem Sommer, der gerade erst kommt und noch lange nicht vorbei ist. Der lange, flirrende Tage hat und laue Nächte. Und der viele kleine Sternchen mit gelbem Puderzucker auf die Holunderbüsche treibt.
Irgendwann ist der Sog zu stark und – zack! – ziehe ich nochmal los. Bewaffnet mit Körbchen und Schere und suche die Straßen nach den schönsten, größten Blütendolden ab. Genau genommen bin ich dann nur der Beifahrer. Der wahrscheinlich schlechteste Beifahrer der Welt. Zum Leidwesen des Chauffeurs – meinem Mann.
„Schau mal, da hinten…. STOPP!!!!…. hier auch!…. Moment hier… halt an!! Die muss ich haben!“
„Ey, ich kann hier nicht parken!!!“
„Ach scheiß drauf!“
Die schönsten Blüten findest du halt IMMER an den unmöglichsten Orten. Ein ungeschriebenes Gesetz :).
Ein Busch mit Geschichte und geheimnisvoller Symbolik
Unzählige Mythen, Bräuche und Geschichten ranken sich um dieses genügsame Gewächs.
Holunder (althochdeutsch: Holuntar) bedeutet so viel wie „heiliger Baum“. Der Name erinnert auch nicht durch Zufall an Frau Holle aus Grimms Märchen.
Wenn die Blütensterne bei Wind herabfallen, sehen sie aus wie unzählige kleine Sternchen. Oder eben Schneekristalle.
Holda ist die viel verehrte Muttergöttin der germanischen Mythologie. Der Sage nach wohnt sie im Holunderstrauch. Auch Freya, die germanische Göttin der Liebe und der Fruchtbarkeit, soll im Holunderstrauch ihren Wohnsitz haben. Sie wache dann schützend über Haus und Hof (Quelle: Wikipedia). Noch viele weitere gute Geister sollen im Holunder wohnen. Es könnte also durchaus ein wenig eng im Holunderbusch werden.
Früher stand an jedem Haus und jedem Bauernhof ein Holunderbusch. Er sollte das Haus vor Blitzeinschlag, Feuer und schwarzer Magie beschützen. Er war eine Art Hausapotheke – es wurden ihm Heilkräfte gegen diverse Krankheiten und Leiden zugesprochen.
Noch heute geht man von einer schweißtreibenden und immunstärkenden Wirkung der Blüten aus, weshalb ein Tee aus den Blüten bei Erkältung helfen soll.
Holunder steht seit jeher für beide Welten: Der des Lebens und der des Todes.
Er symbolisiert mit seinem Absterben im Winter und Austreiben im Frühjahr die Wiederauferstehung. Überhaupt gibt es auch im Christentum schon diverse Hinweise auf die Rolle des Holunders. So soll die heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten unter einem Holunderbaum gerastet haben und das Kreuz Jesu´ soll aus Holunderholz geschnitzt worden sein.
Ich halte mich lieber an die schönen Zuschreibungen statt an jene, die mir einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Und an meine Erinnerungen.
Eine süße Kindheitserinnerung
Mein Vater und ich haben früher im Sommer körbeweise Holunderblüten gesammelt.
Er joggend, ich mit dem Fahrrad – raus in die Natur! Wir suchten die abgelegensten Stellen, die letzten Feldränder ab. Meine Mutter kochte dann daraus Holunderblütensirup und manchmal backten wir die Blüten in Pfannkuchenteig aus….köstlich!
Des abends zündeten wir auf der Terrasse unzählige Kerzen an und lauschten beim Limonadentrinken dem Nachtlied der Amseln. In einem Sommer gab es Glühwürmchen, sogar bei uns im Garten.
Wie magische Irrlichter flimmerten sie in kleinen Schwärmen und schufen eine märchenhafte Atmosphäre.
Für mich ist Holunder daher auch der Duft und Geschmack, der mich wieder Kind sein lässt.
Der Wert der simplen Freuden
Kinder bringen die vermeintlich simplen Dinge ohnehin noch zum Strahlen.
Mein Sohn – gerade fünf – grinst wie ein Honigkuchenpferd, wenn er einen Marienkäfer unter einem Blatt entdeckt. Er fiebert mit, wenn die Wildblumen keimen und ist außer sich vor Freude, wenn die Blüten austreiben und schlussendlich summende Bienen von Blüte zu Blüte tanzen. Er schwärmt von den Ameisen und die Augen blitzen, wenn er mir alle Details zu Hornissen, Hirschkäfern und Schmetterlingen rezitiert. Wenn er ein Eis isst, schließt er dabei die Augen und genießt langsam jeden Biss.
Wann kommt der Punkt, wo er all das gar nicht mehr sieht oder bemerkt? Sich nicht mehr über Kleinigkeiten freuen kann? Und Essen ohne Genuss herunterschlingt, weil er so gehetzt ist?
Ich hoffe, er kommt nie. Ich will jedenfalls alles dafür tun, dass dieses Leuchten in seinen Augen nie erlischt.
Hol die einfachen und doch so besonderen Dinge wieder mehr in dein Leben!
Warum wird der Wert der simplen Dinge so vergessen, untergraben oder belächelt?
Dinge wie Wildblumen, heimische alte Obstsorten, Wildkräuter und Beeren. Wie öde die abgelagerten Treibhausgemüse, latschigen Beeren und immer gleichen Salatblätter aus dem Supermarkt dagegen schmecken. Wobei hier in letzter Zeit Gott sei dank wieder etwas mehr Vielfalt zu entdecken ist und ich auch gewisse Bewegung „zurück zu den Wurzeln“ bemerke.
Ich meine auch Dinge wie „selbst ein Instrument spielen“ statt vor der Glotze oder dem Tablet zu hängen und anderen dabei zuzuschauen, wie sie zu Musik vom Band wackeln. Anderen dabei zuzuschauen, wie sie leben, statt selbst zu leben.
Dinge wie ein gemeinsames Essen zu zelebrieren. Gute, tiefgründige Gespräche auf Augenhöhe zu führen. Statt dass jeder am Smartphone klebt. Mit den Gedanken wer weiß wo.
Wahrer Genuss macht gesund – für hochsensible Schöngeister ist er Lebenselixier
Wusstest du, dass es eine Genusstherapie gibt, die z.B. bei Depressionen oder chronischen Schmerzen angewandt wird? Sie wird dann mit weiteren Methoden kombiniert, um den bestmöglichen Nutzen zu bringen. Mit Genuss ist aber nicht der schnelle Konsum gemeint oder eine krampfhafte „Think Positiv“ Haltung.
Echte Genussfähigkeit ist eine besondere Ressource, die unsere Gesundheit fördert – und das unabhängig davon, ob schon eine Krankheit vorliegt.
Und als hochsensibler Sinnesmensch saugst du jede feine Schönheit und Ästhetik mit allen Sinnen auf, sobald sich die Gelegenheit dafür bietet. Dafür brauchst du keine großen, außergewöhnlichen Events, nein!
Du entdeckst die winzigen Blüten, die sich aus dem gerissenen Asphalt befreien, hörst das Konzert der Vögel und atmest Frieden aus den Sonnenstrahlen ein.
Und sollte dir das abhanden gekommen sein, kannst du lernen, es wieder wahrzunehmen.
Für Schöngeister sind diese „einfachen Dinge“ voller Zauber und haben eine magische Anziehungskraft.
Vor allem, wenn daraus etwas Feines und Leckeres zubereitet werden kann. Wie zum Beispiel der Holunderblütensirup.
Was gibt es Schöneres?
Holunderblütensirup – das Rezept (für ca. 1,5 l)
Du brauchst folgende Zutaten:
- 15 große Holunderblütendolden (du kannst sie schwer verwechseln, im Gegensatz zu ähnlichen Blüten auf anderen Gewächsen duften sie süß und sehr angenehm)
- 2 unbehandelte Zitronen
- 20 g Zitronensäure (kannst du problemlos bestellen, wenn du es nicht im Laden bekommst)
- 250 – 1000 g Zucker (es kommt darauf an, lies unten!)
- 1 l Wasser.
Das war’s auch schon :).
Im Original wird ein ganzes Kilo Zucker genommen. Mit dieser Menge an Zucker (in Kombi mit der Zitronensäure) wird der Sirup haltbar, so dass du ihn ewig – jedenfalls aber über ein Jahr – lagern könntest. Ohne Kühlung, ohne dass er schlecht wird. Das ist der Vorteil.
Da mir aber viel Zucker ganz und gar nicht gut bekommt und viel Zucker wohl niemandem wirklich empfohlen werden kann, nehme ich nur ein Viertel davon. Oder benutze sogar einen – nicht gesundheitsschädlichen – Zuckerausstauschstoff (z.B. Xylit aus Birkenholz).
Dann musst du den Sirup allerdings anschließend im Kühlschrank aufbewahren und innerhalb von 1-2 Wochen vernichten.
Oder – mein Favorit – du frierst kleine Eiswürfel aus dem Sirup ein. Das hat den netten Nebeneffekt, dass das leckere Zeug quasi nie schlecht wird. Und dein Getränk wird gleich noch angenehm gekühlt. Und hübsch sieht es auch noch aus im Glas :).
Sammle die Blüten am besten vormittags bei sonnigem Wetter. Dann entfalten sich die Aromen am besten.
Zelebriere das, indem du dir ein luftiges Leinenkleid anziehst und einen schönen Korb mitnimmst.
Wenn du die duftigen Dolden gesammelt hast, leg sie zu Hause auf ein großes, weißes Tuch. Damit sich das Getier darin in Sicherheit bringen kann. Und es gibt massig (!) Insekten, die die Blüten ebenso lecker finden. Diesen Schritt habe ich einmal nicht gemacht. Nicht zu empfehlen! Das war dann hinterher Käfersuppe. Also diesen Schritt auf keinen Fall auslassen….
Und bloß nicht die Dolden waschen oder sumpfen! Dann landet all das Aroma mit der tollen, gelben Farbe des Blütenstaubs im Ausguss. Also liegen lassen und etwas Geduld haben.
In der Zwischenzeit kannst du die Zitronen schonmal in Scheiben schneiden.
Wenn du die Dolden nochmal vorsichtig von dem letzten schwarzen Untermietern befreit hast, legst du sie in ein großes Gefäß oder einen Topf und übergießt sie mit dem kalten Wasser. Dann die Zitronenscheiben noch dazu.
Herrlich, diese Kombination aus Zitrus- und Blütennoten.
Nun einfach 24 Stunden bei Zimmertemperatur ziehen lassen. Wenn es in der Wohnung allzu zu heiß sein sollte, einfach in den Keller stellen.
Am nächsten Tag seihst du dann die Flüssigkeit ab.
Willst du sie haltbarer machen, koch sie auf und gib dann den Zucker und die Zitronensäure hinzu, bis sie sich aufgelöst haben.
Wenn du mehr wertvolle Stoffe und mehr natürlichen Geschmack darin willst, kannst du auch den Zucker und die Zitronensäure mit ein wenig Wasser (ein paar Esslöffel, so dass sie gerade bedeckt werden) zu einem Sirup aufkochen und dann etwas abgekühlt zu dem abgeseihten „Holunderwasser“ geben.
Et voilà! – Der Holunderblütensirup ist fertig!
Er schmeckt hervorragend einfach mit Sprudelwasser oder mit einem guten, trockenen Prosecco. Dann gibt es auch nicht aua Kopf.
Zum Wohl, Santé oder Egészségére, wie der Ungar sagt :)!
Alles Liebe,
Dein Schöngeistrebell
PS: Hast du weitere schöne Holunderblüten-Rezepte? Hat deine Oma dir früher Holunderblütenlimonade gemacht? Welche Aromen verbindest du mit deiner Kindheit? Ich freue mich auf deine Geschichten!
Hej Julia,
einen schönen Artikel hast du da geschrieben über die kleinen, feinen Schönheiten.
Ich stelle fest, dass ich seit einigen Jahren wieder deutlich mehr auf diese Kleinigkeiten achte und versuche sie meinen Kindern zu zeigen, um sie an die Zeit zurück zu erinnern, als sie noch so klein waren wie dein Sohn jetzt.
Ich habe vor einigen Jahren Holunderblütensirup und auch Gelee gemacht. Es ist wieder etwas in Vergessenheit geraten. Ich freu mich aber jedes Jahr über unsere Holunder im Garten, die schon ziemlich alt sind. Die vielen kleinen Blüten sind so schön und duften so gut. Ich wü sch dir einen schönen Sommer. Lg
Hi Diana, vielen Dank für deinen Kommentar :)! Ich finde es fantastisch, dass nicht nur du (wieder) verstärkt diese vermeintlich kleinen Dinge wahrnimmst, sondern auch deine Kinder daran erinnerst. Es ist so wichtig, dass wir uns unser kleines Paradies selber schaffen und uns diese Neugier und Freude aus der Kindheit bewahren. So fühlen wir uns lebendig und echt. Egal ob es nun um Holunderblütensirup geht oder um etwas anderes. Alles Liebe, Julia
Hallo Julia,
ich habe gerade dein Interview mit Jenna van Hauten über Hochsensibilität angeschaut! Da musste ich gleich mal auf deinen Blog schauen – ist das herrlich, verwandte Seelen zu treffen!
Wir haben kein Auto und zur Zeit der Blüte von Flieder, Holunder, Linde und Geißblatt, habe ich meine fixen Routen die ich mit dem Rad fahre – sch…. was auf die Umwege und die längere Fahrzeit – ich will gute Gerüche aufsaugen! Unsere Hochzeitslocation haben wir übrigens ausgesucht, weil ein Lindenbaum im Hof stand… 😉
Jetzt aber zurück zum Holunder und den wundervollen kleinen Dingen des Lebens: Ich habe einen Sohn, der genauso gerne wie ich in der Natur ist und leckere Pflanzen, Beeren und Blüten sammelt. Und jedes Jahr müssen es genau 133 Holunderblütendolden sein – keine Ahnung warum! Er gibt keine Ruhe, bis es genau 133 sind… und er ist schon 12! Danach gibt’s natürlich Holunderblütensirup, Holunderblütenlimonade – und seit letztem Jahr auch Holunderblütengelee! Ganz ehrlich, das solltest du unbedingt mal ausprobieren.
Ich habe tausend Rezepte von meiner Oma – aber leider keines dafür. Daher musste chefkoch.de aushelfen… Ich genieße an jedem Sonntag ein leckeres Croissant und selbst gebackenes Zopfbrot damit – Frühling auf der Zunge und im Herzen!
Danke für diesen tollen Artikel!
Liebe Anne,
vielen Dank für diese wundervolle Ergänzung zu dem Artikel!
Wie cool, dass du auch so empfindest und dich an den vermeintlich kleinen Dingen so erfreuen kannst. Du hast die Sonne im Herzen, das spüre ich :)! Dein Sohn ist ja auch goldig – genau 133 Blüten müssen es sein…herrlich! Der Lindenbaum im Hof – ja, ich kann mir vorstellen, dass das für die Location ausschlaggebend war. Diese heimelige, magische Ausstrahlung.
Ich fühle es so, als ob man den Sommer mit dem Einkochen usw. ein bisschen konservieren könnte. Dieses Gedicht, dass ich auch auf meine Wand in der Küche geschrieben habe, passt dazu:
„Auch das ist Kunst, ist Gottesgaben
aus ein paar sonnenhellen Tagen
sich so viel Licht ins Herz zu tragen,
dass wenn die Sonne längst verweht
das Leuchten immer noch besteht.“
Goethe
In diesem Sinne, behalte den Frühling noch lange auf dem Marmeladenbrot und im Herzen
Alles Liebe
Julia
P.S.: Wenn du Lust hast, komm doch in die geschlossene Facebook Gruppe, da tummeln sich noch mehr Seelenverwandte
https://www.facebook.com/groups/schoengeistrebell.gruppe 😉